Rudelhaltung
Inhaltsverzeichnis
Haltung
Bericht über einen von Animal-learn veranstalteten Vortrag
Vortragende war Inga Böhm, die einige Jahre eine Hundeschule im Ruhrgebiet hatte und dann dem Ruf von Animal-Learn nach Bayern folgte.
Vieles (wenn auch nicht alles) im Verhalten unserer Hunde lässt sich auf den Urahn, den Wolf zurückführen, so auch das Rudel- und Jagdverhalten unserer Haushunde.
Jegliches Futterverhalten (auch verbuddeln, verteidigen, Essen klauen) hat seinen Ursprung im Jagdverhalten.
In einem Rudel ist Kommunikation überaus wichtig, man könnte sogar sagen:
das Wichtigste überhaupt, denn intensive Kommunikation ist notwendig, um das Rudelleben so friedlich wie möglich zu gestalten.
Hunde sind geborene Konfliktlöser, denn Agression bedeutet immer Energieverschwendung
Wir sollten uns auch immer wieder klarmachen, dass in einem Rudel eine Stimmungsübertragung abläuft, es entwickelt sich also in bestimmten Situationen auch eine sogenannte Gruppendynamik.
Gemeinsame Taten fördern immer auch den Rudelzusammenhalt.
Rudelhaltung kann das alleinsein vereinfachen
Beispiele:
einer unserer Hund sieht etwas und bellt, die anderen stimmen unverzüglich in das Gebell ein, ohne zu wissen, um was es geht
ein Hund sieht einen Hasen, Vogel oder ähnliches und sprintet los, die anderen haben unter Umständen keine Ahnung, warum dieser losrennt, aber sie sprinten sofort mit.
Warum sollten Hunde möglichst im Rudel gehalten werden und was ist bei der Anschaffung, Haltung besonders zu beachten ?
Auch hier sollten wir wieder an den Urahn Wolf denken, der hauptsächlich im Rudelverband lebt. Bei aller Mühe kann ein Mensch dem Hund niemals einen Artgenossen ersetzen.
Um sich darüber klar zu werden, was es bedeutet, gab Frau Böhm folgendes (wie wir finden, gelungene) Beispiel:
Stellt euch vor, auf dem entfernten Planeten „DOG“ leben und regieren nur Hunde. Diese halten sich als Begleiter Haustiere, den Menschen.
Der Mensch versteht die Sprache der Hunde nicht oder nur ungenügend, er wird 2-3 x täglich angeleint ausgeführt, hat – wenn er Pech hat – nur selten Kontakt zu Artgenossen, also anderen Menschen, die seine Sprache sprechen, riechen wie er usw.
Welch eine Wonne, wenn er dann doch einen Menschen trifft und Kontakt aufnehmen darf, welch eine Freude, wenn er im Hundehaushalt mit einem weiteren Menschen leben darf.
Die Anschaffung eines zweiten, dritten usw. Hundes sollte aber immer wohl überlegt sein.
Nach Klärung der finanziellen Aspekte (doppelte Steuer, Versicherung, evtl. Hundeschule, Ta-Kosten), muss u. a. folgendes beachtet werden, um eine harmonische Rudelkonstellation zu gewährleisten:
Zu einem jagdfreudigen Hund sollte kein zweiter jagdfreudiger Hund
Kein ängstlicher Hund zu einem ängstlichen
(s. Gruppendynamik)
ein grosser Windhund passt nicht unbedingt zu einem Pekingesen
insbesondere bei allen Terrier-Arten ist bekannt, dass sie sich gegenseitig hochpuschen, hier ist insbesondere von gleichgeschlechtlicher Haltung abzuraten
Zu bedenken ist auch, dass gerade Weibchen während (bei Lorenas u. meinen Hunden mehr nach der Läufigkeit) eine erhöhte Reizbarkeit vorliegt.
Weiters stellt sich die Frage, ob zu einem erwachsenen Hund ein Welpe oder erwachsener Hund einziehen soll.
Bei all diesen Fragen ist eine genaue Beobachtung des eigenen Hundes notwendig, pauschale Aussagen gibt es hier nicht.
Ein absolutes Vorurteil bzw. Egoismus ist die Angst/Aussage des Menschen, dass der Hund (bekommt dieser einen Partner) dann nicht mehr die innige Beziehung zu „seinem Menschen“ aufrecht erhält.
Der bereits im Haushalt lebende Hund sollte an der Auswahl des neuen Familienmitgliedes immer beteiligt sein. So kann man mit seinem Hund mehrmals den Züchter besuchen, bei Tierheimen gemeinsame Spaziergänge unternehmen usw.
Mit unserer persönlichen Ansicht – 2 Welpen gemeinsam aufnehmen und erziehen sollen nur sehr erfahrene Hundhalter – stimmte Frau Böhm genau überein.
Spaziergänge mit mehr als einem Hund
Dies erfordert natürlich eine gewisse Übung, denn weder Hund noch Mensch sind perfekt.
Der Rudelführer muss hier sein Auge üben (wie im Strassenverkehr), alles vor dem Hund sehen, die Augen auf jeden Hund haben und immer vorausschauend spazieren gehen.
Sehr hilfreich sind hier die sog. Calming Signals
Die Hunde sollten möglichst nicht an der Koppelleine geführt werden, diese kann Auslöser von Agressionen sein, da hier u. U. die Individualdistanz unterschritten wird.
Der neue Hund zieht ein (gilt auch für Pflegehunde, Besuchhunde)
Erst einmal gemeinsam spazieren gehen auf neutralem Gebiet, kein Spielzeug, Leckerli verwenden
Neuen/Fremden Hund dann zuerst hereinlassen (verhindert, dass eigener Hund sich sperrt)
Vorher allen „Sprengstoff“ (Leckerli, Knochen, Futter, Spielzeug) entfernen.
Jeder sollte sein eigenes Körbchen/Kuschelplatz haben, den Ersthund bevorzugen, z.B. dieser darf auf die Couch, der Neuling/Besuchshund nicht.
Bei Einzelhund unbedingt Freunde suchen, die tägliche Kommunikation wie gemeinsame Spaziergänge, spielen usw. haben
Folgende Themen der Rudelhaltung werden behandelt:
Welche grundsätzlichen Überlegungen führten bei euch zu der Entscheidung, mehr als einen Chi zu halten?
Wie ist denn eure Wohnsituation beschaffen, da ihr mehr als einen Chi haltet?
Soll ich mir zu meinem Rüden einen weiteren Rüden oder lieber ein Weibchen zulegen?
Welpe oder erwachsener Hund?
Wo seht ihr gravierende Unterschiede in der Rudelhaltung zur Einzelhaltung und wie verläuft die Eingliederung neuer Rudelmitglieder, evtl. auch Problemhund ?
Ich bin froh, diesen gerade erzogen zu haben, fängt es alles noch einmal von vorne an?
Gibt es auch bei zweien schon eine Rangordnung ?
Wie verhalten sich mehrere Hund bei Spaziergängen, insbesondere bei Begegnungen mit großen Hunden ?
Ich bin ein wenig in Sorge, dass der Hund dann nicht mehr so oft mit mir kuschelt oder mit mir spielt
Meine Freunde/Bekannten akzeptieren einen Hund, ich bin mir aber nicht sicher, wie sie reagieren, wenn ich mit mehr als einem Hund erscheine
Ich fahre auch schon ab und zu mit der Bahn, bisher habe ich ihn/sie immer auf den Arm genommen. Wie sind eure Erfahrungen?
Wie ist es bei Urlaubsreisen mit mehr als einem Hund, Quartiersuche usw.?
Wie ist das bei euch geregelt, wenn der Hund einmal krank ist (Arbeitgeber usw.)?
Ich bin Single, wie sollte ich für den Fall einer eigenen Erkrankung vorsorgen?
Gibt es weitere Punkte, die ich grundsätzlich bedenken sollte?
Welche grundsätzlichen Überlegungen führten bei euch zu der Entscheidung, mehr als einen Chi zu halten?
BETTINA:
Der Chi ist ein sehr geselliger Hund und meiner Meinung nach vielleicht sogar die am meisten prädestinierte Hunderasse für Rudelhaltung. Ein Chi alleine fühlt sich einsam. Gegen eine Rudelhaltung spricht eigentlich nach meinem Dafürhalten nur, wenn es die persönliche Situation des Hundehalters nicht zulässt, z. B. Ein-Zimmer-Wohnung, knappe finanzielle Situation, usw.
EVA:
Unsere erste Hündin hat sich viel zu sehr an uns geklammert und wollte mit anderen Hunden kaum etwas zu tun haben. Daher kam für uns nach dem Tod von Shiwa und eingehenden Gesprächen mit Züchtern nur noch ein Mini-Rudel in Frage. Dass es einmal 4 statt 2 werden würden, war nicht geplant, bereut haben wir es bis heute nicht. Wir können zwar auch mit ihnen spielen, ersetzen aber in keinster Weise einen Artgenossen für sie. Sie können miteinander spielen, kuscheln, ihr komplettes Register an Sozial- und Spielverhalten untereinander ausleben. Außerdem sind sie so nicht alleine, wenn wir nicht da sind.
Ein Rudel mit drei Rüden halten wir für günstig, es können keine Patt-Situationen auftreten und die ganze Gruppendynamik bleibt beweglich. Keiner kann sich hängen lassen. Außerdem sinkt der Erwartungsdruck der Menschen gegenüber dem Einzelhund, ein Rudel ist facettenreicher und damit auch für Hund und Mensch befriedigender. Und: man kann bei der Erziehung auch mal einem Hund das gute Beispiel eines anderen Rudelmitglieds vor Augen halten (= gegeneinander ausspielen), indem man das Rudelmitglied mit dem erwünschten Verhalten deutlich belohnt.
Wie ist denn eure Wohnsituation beschaffen, da ihr mehr als einen Chi haltet?
EVA:
Wir wohnen in einer Mietwohnung im Parterre mit Mini-Garten. Es gibt keinerlei Tabuzonen für sie. Rundum gibt es viel grün und ruhige Seitenstraßen für die kleinen Spaziergänge. In 5-10 Minuten Fußweg sind wir im Grünen, wo sie viel Auslauf haben, ansonsten fahren wir im Sommer oft mit dem Rad in andere Auslaufgebiete, die restliche Jahreszeit 2-3 mal wöchentlich mit dem Auto. Immer die gleichen Wege sind der Rasselbande auf Dauer zu eintönig.
BARBARA:
Bei mir gibt es 80 qm Wohnraum, die den Hunden zur Verfügung stehen. Draußen sind wir gleich in Feld und Wald. Zum Rausgehen muss ich sie aber tragen, weil die Treppe hundeungeeignet ist. Das ist zwar lästig, aber eine rechts eine links oder mit Hundetasche kein Problem.
BETTINA:
Ich habe 7 Chis und einen Biewer-Yorkie, die bei mir im eigenen Haus und Garten auf dem Land leben
OSKAR:
Aber auch in einer kleinen Stadtwohnung ist es eigentlich kein Problem. Vorausgesetzt die Hunde bekommen genügend Auslauf und der Vermieter ist damit einverstanden.
Soll ich mir zu meinem Rüden, einen weiteren Rüden oder lieber ein Weibchen zulegen?
BARBARA:
Besser, beide sind von gleichem Geschlecht, damit es bei der Begegnung mit anderen Hunden nicht immer Geschlechter-Probleme gibt (Hündinnen mit fremden Hündinnen, Rüden mit fremden Rüden).
OSKAR:
Wenn das Rudel nicht aus gleichgeschlechtlichen Chis besteht, sollte der Rüde unbedingt kastriert werden, um unerwünschten Nachwuchs zu vermeiden. Eine O.P. beim Rüden ist ein äußerer Eingriff, unkompliziert, schnell und mit ca. 150,-- EURO nicht teuer. Die Gebärmutter-O.P. bei einem Weibchen ist wesentlich aufwendiger und kostet ca. 600,-- EURO. Eine läufige Hündin und einen Rüden darf man nicht 1 Sekunde aus den Augen lassen.
BETTINA:
Gleichgeschlechtliche Hunde halte ich aus persönlicher Erfahrung für eine günstigere Konstellation: Eine Hündinnenkastration birgt immer ein Risiko. Ich habe erst kürzlich eine extrem kleine und zarte Hündin kastrieren lassen, es gab Komplikationen und sowohl dem Tierarzt als auch mir fiel ein Stein von Herzen, dass die Kleine es überlebt hat, allerdings war die Kastration in diesem Fall unumgänglich. Die OP-Kosten beliefen sich hier auf knapp EURO 900,00. Dies wird z. B. bedingt durch die spezielle Betäubungsart mit Inhalationsnarkose – bei einem Chi unbedingt vonnöten. Man muss sich also unbedingt im klaren darüber sein, dass 1. der Chi evtl. nicht aus der Narkose aufwacht oder an den Spätfolgen der Narkose stirbt (ist mir mit einer wirklich kräftigen Hündin passiert) und 2. die OP-Kosten ungleich höher sind, als z. B. bei einer größeren Hunderasse.
EVA:
Shiwa und Arabella haben wir als Welpen aufgenommen, es ist herrlich. Ein Welpe braucht in der Anfangsphase allerdings wesentlich mehr Aufmerksamkeit als ein Junghund oder erwachsener Hund. Ein Welpe ist noch nicht stubenrein, kann nicht gleich 5-6 Stunden alleine bleiben usw. Für gänzlich unerfahrende Ersthundebesitzer, die noch berufstätig sind, kommt hier u. U. ein erwachsener Hund von einem seriösen Züchter in Frage, der gut sozialisiert ist und den Wechsel recht leicht verkraftet. Beim Kauf eines Welpen sollte man also rechtzeitig den gesamten Jahresurlaub einplanen. Ein erwachsener Hund hat unter Umständen eine Vorgeschichte, das ist zu bedenken, aber nicht unbedingt ein großes Problem.
BETTINA:
Meine Tapsi (mein erster Chi) kam mit 3 Jahren zu mir, Tortellini zog mit 8 Jahren ein. Tapsi ist ein kleiner Eigenbrötler, der sich aber mit den anderen Rudelmitgliedern arrangiert hat, sie war vorher Einzelhund. Tortellini stammte aus einer ca. 30 Hunde umfassenden Meute und hat sich problemlos mit jedem Hund vertragen, nur mit Tapsi gab es bezüglich der Rangordnung ab und zu mal Rangeleien, aber nichts ernstes. Meine anderen Hunde waren Welpen, die sich schnell integriert haben. Ein Chi ist sehr anpassungsfähig, Hauptsache er darf überall dabei sein. Ich würde jederzeit auch zu einem bereits erwachsenen Hund raten, kleine bereits erworbene Eigenheiten stellen bestimmt kein größeres Problem dar. Ich habe es nie bereut, eine 8jährige Hündin aufgenommen zu haben; sie war die Seele des ganzen Rudels, immer bereit es zu verteidigen und ging bei Streitereien zwischen den Chis auch dazwischen um für Ordnung zu sorgen. Tortellini war mir sehr zugetan,aber durchaus nicht unterwürfig sondern selbstbewusst und einzigartig liebevoll – sie war mein bester Freund, den ich unheimlich vermisse. Ich würde daher jederzeit wieder einen mehrjährigen Chi aufnehmen.
Es macht natürlich viel Spaß, einen jungen Hund aufwachsen zu sehen. Aber es gibt auch erwachsene Chi, die ein dauerhaftes Zuhause suchen. Erwachsene Chi stellen nach meiner Erfahrung kein Problem dar; kommt man ihnen liebevoll und freundlich entgegen, schließen sie sich genauso eng an ihren Menschen an wie ein junger Hund, es dauert vielleicht nur etwas länger. Gerade ein älteres Tier kann sehr dankbar sein, ein liebes Zuhause gefunden zu haben. Ich appelliere – auch wegen meiner eigenen Erfahrungen - deshalb an alle potentiellen Hundehalter: Bitte auch in Erwägung ziehen, einen bereits ausgewachsenen Hund aufzunehmen (der zudem schon stubenrein ist) – mit eventuell bereits erworbenen Eigenheiten des Hundes wird man mit Einfühlungsvermögen und etwas Verständnis bestimmt klarkommen.
Wo seht ihr gravierende Unterschiede in der Rudelhaltung zur Einzelhaltung und wie verläuft die Eingliederung neuer Rudelmitglieder, evtl. auch Problemhund?
BARBARA:
Die ruhige, phlegmatische, ängstliche, scheue Vicki wurde schnell munterer und selbstsicherer. Legte anfangs großen Wert auf ihre Alpha-Rolle bei mir, strafte sonst Kimura mit Desinteresse. Ist sich meiner Zuwendung inzwischen sicherer geworden. Trotzdem brauchen aber beide alles gleichzeitig. Deshalb besser immer nur so viel Hunde, wie Hände zur Verfügung sind.
Vicki bleibt passiv, wenn Kimura sie mit ihrer Quirligkeit nervt. Kann aber mit einem kurzen Knurr die K. zurechtweisen, wie ich es nicht bringe.
Kimura hängt an Vicki, macht zu Hause alles und nur mit ihr. Wenn V. nicht kommt, kommt K. auch nicht. Wenn V. eine unbekannte Belohnung frisst, frisst K. sie auch. Schiebt sich beim Schmusen zwischen V. und mich. Schnappt inzwischen mal nach V., wenn ich sie nicht gleichzeitig streichle. Kimura will mehr spielen und toben als Vicki. Dann kommt K. auch mal zu mir, wenn Vicki aber gut aufgelegt ist, bin ich abgemeldet.
EVA u. OSKAR:
Nach unseren Erfahrungen übernehmen die bisherigen Rudelmitglieder die Eingliederung des/der neuen Mitglieder. Wir haben inzwischen 3 Rudeleingliederungen hinter uns, die alle relativ problemlos verlaufen sind. Unsere Akira z.B. war ein Hund mit Vorgeschichte. Sie kam im Alter von 6 Jahren zu uns, hatte 3-4 Vorbesitzer, wurde offenbar von Kindern gequält, hatte panische Angst vor Männern, Bällen, Zeitungen usw. Nun kam sie in das Rudel von Yasmin und Arabella (zu der Zeit 1,5 und 1 Jahr alt). Sie hat bei ihr unbekannten Situationen grundsätzlich auf die beiden anderen geachtet, blieben diese ruhig, wurde sie es auch wieder. So lernte sie z.B. nach einiger Zeit, dass eine herunterfallende Zeitung keinesfalls Gefahr bedeutet, da Yasmin und Arabella dies überhaupt nicht zur Kenntnis nahmen. Den unermüdlichen Spielaufforderungen von Arabella kam sie nach einigen Wochen ebenfalls (wenn auch erst zaghaft) nach und wurde somit zeitlebens Arabellas liebste Spielkameradin. Kleine Probleme gab es allerdings mit Yasmin, die zu diesem Zeitpunkt bereits Chefin war und der sie nach einigen Monaten diesen Rang streitig machen wollte.
Pumila kam mit 4,5 Jahren zu unseren drei Chis im Alter von 2,5, 2 und 7 Jahren. Dana war 2,5 Jahre alt, als wir sie nach dem Tod von Akira ins Rudel holten (inzwischen, 7,5, 7 und 9 Jahre alte Hunde). In beiden Fällen gab es keinerlei Probleme, beide lebten auch vorher in einem Rudel und hatten sich nach kurzer Zeit eingelebt.
Definition Problemhund: Ein Chi, der bereits eine bewegte Vergangenheit (wie z.B. verschiedene Halter, Tierheimaufenthalt, schlechte Behandlung, Vernachlässigung usw.) hinter sich hat. Ein erwachsenes Tier (wie z.B. Hündin/Rüde die vom Züchter aus der Zucht genommen werden), fällt nicht unter diese Definition.
In diesem Fall ist es für Mensch und Hund am einfachsten, den Chi in ein bereits bestehendes Rudel einzugliedern. Das wichtigste von Seiten des Menschen ist hier: Vertrauen schaffen, Geduld und Liebe zeigen. Alles andere lernt er am einfachsten und schnellsten von den anderen Rudelmitgliedern.
Ich bin froh, diesen gerade erzogen zu haben, fängt es alles noch einmal von vorne an?
BETTINA:
Nach meiner Erfahrung ist die Erziehung eines Chi nur im Flegelalter von Dickköpfigkeit und Stursinn des Junghundes begleitet. Ich besaß früher einen Basset (schwer erziehbare Rasse) und bin von daher einiges gewöhnt und empfinde es dadurch, dass ein Chi sehr auf seinen Menschen eingeht, eigentlich als leicht, ihn zu erziehen. Dazu muss ich auch sagen, dass es mir genügt, dass der Hund auf Zuruf kommt, Sitz macht und die Kommandos "Nein" (wenn er etwas unterlassen soll) und "Steh" (wenn wir an eine zu überquerende Straße) gelangen, umsetzt.
EVA:
Im Prinzip haben wir nur Yasmin u. Arabella erzogen, die anderen haben sich das meiste von den anderen abgeschaut, nach einigen Tagen hatten sie verstanden, dass sie am Bürgersteig stehen bleiben müssen, bis das Kommando zum überqueren der Straße kommt, sie bei "komm" zu uns kommen müssen usw.
Gibt es auch bei zweien schon eine Rangordnung ?
EVA:
Ja, zwei bilden schon ein Minirudel, d. h. einer ist der Chef. Diese Rangordnung sollte unbedingt beachtet werden. Sollte der Chef einmal ein Rudelmitglied zurechtweisen, bloß nicht den unterlegenen trösten! Wir Menschen bekommen den Anlass für eine Zurechtweisung oft gar nicht mit. Bei einer noch wackligen Rangordnung kann es auch einmal zu einem etwas krassen Kampf kommen (insbesondere Weibchen können sehr aggressiv sein). Auch hier: Ruhe bewahren, nicht eingreifen, bei gleicher Größe ist dies ein klarer Kampf. Ausnahmen sind z.B. kranke Hunde, die von den anderen angegriffen werden. Dies kann passieren, weil sich der Chef zurückgesetzt fühlt, weil man sich besonders intensiv um den kranken kümmert. In dem Fall unbedingt den Chef mal beiseite nehmen und bevorzugt behandeln.
BETTINA:
Auch bei zwei Hunden gibt es eine Rangordnung, die vielleicht aber erst bei mehreren Hunden richtig deutlich wird. Im Regelfall wird der alteingesessene bzw. ältere Hund einen höheren Rang einnehmen.
Wie verhalten sich mehrere Hund bei Spaziergängen, insbesondere bei Begegnungen mit großen Hunden ?
BARBARA:
Vicki hat, seit sie nicht mehr allein ist, nicht mehr die Panik vor fremden Hunden, geht auch schon mal zum Schnuppern an einen ebenfalls kleinen Hund. Bei Begegnungen mit großen Hunden sind zwei kleine nicht so gefährdet, weil die Aufmerksamkeit des Fremden abgelenkt ist. Nach dem Motto: wen fresse ich denn nun zuerst? Vicki wartet jedenfalls jetzt eher mal ab, ob vielleicht Kimura die Aufmerksamkeit auf sich zieht, die meist gern zur Begrüßung hingeht. Wenn Vicki aber wegläuft, dann hat immer sie den Ärger am Hals, denn Kimura läuft nicht etwa mit.
OSKAR:
Unsere Rasselbande fühlt sich im Rudel einfach stärker. Die Aggressivität anderen Hunden gegenüber kann sich steigern. In diesen Fällen handeln unsere vier gemeinsam, sie schwärmen sternförmig aus und schimpfen. Wenn dem großen dann gezeigt wurde, wie “stark” sie sind, nehmen sie oft einzeln Kontakt auf.
BETTINA:
Meine Bande hält immer zusammen, egal was da kommen mag. Einzig und alleine Tapsi ignoriert fremde Hunde völlig, die anderen kläffen dann gerne im Chor. Bei Hundebegegnungen muss ich auf eine meiner Hündinnen aufpassen, sie ist zwar die Kleinste, geht aber – im Gegensatz zu den anderen – auch mal aggressiv gegen andere Hunde vor.
Ich bin ein wenig in Sorge, dass der Hund dann nicht mehr so oft mit mir kuschelt oder mit mir spielt
BARBARA:
Meine Zwei haben trotz gemeinsamer Entwicklung jede sehr stark ihre Eigenheiten bewahrt. Jede hat auch ihre eigene sehr individuelle Beziehung zu mir.
EVA:
Nein, sie haben Zeiten, wo sie miteinander spielen oder kuscheln, dann wiederum wollen mal 2,3 oder 4 kuscheln. Jede je nach ihrer persönlichen Eigenart. Trotz Rudelhaltung hat jeder unserer Hunde seinen ganz persönlichen Charakter bewahrt und jede der vier hat ihre ganz persönlichen Schmuserituale und Zeiten.
BETTINA:
Trifft nicht zu! Die Chihuahua bleiben auch zu mehreren sehr menschenbezogen, man schmust dann halt nicht mit einem Hund sondern mit dem ganzen Rudel.
Meine Freunde/Bekannten akzeptieren einen Hund, ich bin mir aber nicht sicher, wie sie reagieren, wenn ich mit mehr als einem Hund erscheine.
EVA u. OSKAR:
Nach fast 20 Jahren mit Chis, davon seit 8 Jahren Rudelhaltung muss ich offen sagen, dass 95 % unserer Freunde/Bekannten ebenfalls Hundehalter sind. Nicht jeder ist mit Hundebesuch bei sich daheim einverstanden und welcher Nichthundehalter versteht schon, warum wir der Einladung zur Party (ohne Hund) nicht folgen, heute nicht ins Kino wollen, keine Lust auf einen Shoppingausflug in die volle Innenstadt haben, keinen Dreh auf 5 Stunden sonnen am Badesee (Hundeverbot an vielen Seen im Sommer), keine Ruhe auf Silvesterbällen habe, sondern lieber bei Wind und Wetter stundenlang durch die Pampas latschen oder radeln gehen (natürlich mit Hund im Korb), danach mit Hund und Buch auf der Couch, Terrasse, Balkon rumlümmeln und Silvester lieber gemütlich daheim mit den Hunden verbringen, die die Knallerei überhaupt nicht mögen.
BARBARA:
Da meine beiden in fremder Umgebung immer sehr zurückhaltend und ruhig sind, habe ich bisher nur Verwunderung und Freude darüber erlebt, wie wenig sie auffallen. Aber wo Hunde nicht erwünscht sind, bin ich es halt auch nicht.
BETTINA:
Meine Freizeit gehört meinen Tieren, mit denen ich sehr viel draußen bin. Besuche ich mal einen Flohmarkt, was ich recht gerne tue, ist ein Teil der Hunde immer dabei. Meine Daisy lasse ich bei solchen Veranstaltungen aber grundsätzlich zu Hause - sie fühlt sich da nicht wohl. Auch Schorsch ist nicht mit von der Partie – er mag es nämlich gar nicht, wenn er von fremden Leuten angefasst wird und das passiert dort zwangsläufig.Da Chis ja sehr klein sind, ist es gemeinhin kein Problem, mit mehr als einem Hund aufzutauchen. Allerdings gibt es auch in meinem Bekanntenkreis jemanden, der mit den Hunden nichts zu tun haben will und mit 8 Hunden stößt man nicht immer auf Verständnis.
Ich fahre auch schon ab und zu mit der Bahn, bisher habe ich ihn/sie immer auf den Arm genommen. Wie sind eure Erfahrungen ?
BARBARA:
Ich verreise nur per Bahn und es klappt. Schön, wenn beide an einer Koppelleine laufen, damit das Gehample mit zwei Leinen und Reisetasche und Hundetasche nicht ist. Die Hundetasche sollte so groß sein, dass beide zusammen gut drin liegen können, dann kosten sie in der Bahn nichts und eine Hand bleibt frei für die Reisetasche. Wegen der vielen Füße unterwegs, Rolltreppen, Stufen usw. nehme ich sie immer in den Hundesack (dann sind beide Hände frei), bis wir den Platz in der Bahn haben.
Wie ist es bei Urlaubsreisen mit mehr als einem Hund, Quartiersuche usw.?
EVA u. OSKAR:
Nun, Urlaub mit Hund muss auf alle Fälle etwas sorgfältig geplant werden. Die Suche nach geeigneten Orten/Vermietern ist dank des Internet lange nicht mehr so schwer. Es gibt Anbieter, die sich spezialisiert haben auf “Urlaub mit Hund”. Wir haben noch nie Urlaub ohne Hund gemacht und bisher immer geeignete Quartiere gefunden. Allerdings buchen wir grundsätzlich Ferienwohnung oder Haus, wenn wir länger als 2 Tage verreisen. Bei Restaurantbesuchen kommen sie auf eine Decke oder in eine Tasche.
BARBARA:
Im Hotel muss für zwei Hunde bezahlt werden. Meine beiden sind im Urlaub immer mit dabei. Die Hundereisetasche ist dann auch (meist) beliebter Schlafplatz.
BETTINA:
Urlaub verbringe ich vorerst zu Hause – sollte ich doch mal ins Ausland fahren, wären meine Mutter und meine Schwester da. Ich kann mir aber vorstellen, dass man auch mit mehreren Chi in Urlaub fahren kann – da empfiehlt sich dann bestimmt eher die Buchung eines Ferienbungalows als eines Hotelzimmers. Vorher aber unbedingt abchecken, ob die Hunde willkommen sind! Geplant habe ich irgendwann mal einen Urlaub in der Lüneburger Heide zu verbringen – mit all meinen Hunden.
Wie ist das bei euch geregelt, wenn der Hund einmal krank ist (Arbeitgeber usw.)?
Ich bin Single, wie sollte ich für den Fall einer eigenen Erkrankung vorsorgen ?
EVA u. OSKAR:
Wir arbeiten Vollzeit bzw. Teilzeit, haben beide gleitende Arbeitszeit und konnten das bisher immer gut regeln. Grundsätzlich sind 2-3 Tage Urlaub bzw. Überstunden für Notfälle reserviert. Zudem haben wir die Möglichkeit, auch einmal von daheim aus zu arbeiten.
Liegt einer von uns mal "flach", wird halt die Tür zur Terrasse geöffnet, bis der andere heimkommt und gassi geht.
BARBARA:
Allein lebend muss ich dafür sorgen, dass eine Person mit den Hunden so weit vertraut ist, dass sie notfalls mal einspringen kann.
BETTINA:
Ich habe einen sehr netten Chef, der ebenfalls ein Hundefreund ist. Es ist daher für mich kein Problem auch mal freizunehmen, wenn es vonnöten ist. Zudem habe ich auch schon mal eine kranke Hündin, die ich nicht alleine lassen wollte, für einige Tage mit in mein Büro genommen – mein Chef hat mir das ausdrücklich erlaubt und die Kleine hat niemanden gestört. Sollte einer der Hunde oder gleich ein Teil des Rudels an einer ansteckenden Krankheit leiden kann ich die Tiere zu meiner Mutter bringen (meine Chi kennen sowohl meine Mutter als auch deren Haus sehr gut und fühlen sich dort nicht fremd), damit der Rest nicht auch noch angesteckt wird.
Sollte ich einmal krank sein, habe ich meine Mutter und meine Schwester zur Hilfe – beide sind ebenfalls sehr tierlieb und wohnen nur 50 m Luftlinie entfernt. Zudem habe ich eine Bekannte mit großem Haus und riesigem Grundstück, die seit 15 Jahren Perserkatzen züchtet und auch jederzeit meine gesamte Hundebande bei sich aufnehmen würde.
Gibt es weitere Punkte, die ich grundsätzlich bedenken sollte ?
BARBARA:
Hundesteuer ist mehr als doppelt so hoch. Futter ist für zwei einfacher, weil sie eher mal eine kleine Büchse zu einer Mahlzeit leeren, kochen sich eher mal lohnen täte.
Sie sind miteinander, wenn sie allein gelassen werden. Sie brauchen nicht ständig Aufmerksamkeit, wenn sie sich miteinander beschäftigen können. Kimura bellt aber bei meiner Abwesenheit, obwohl Vicki derweil im Korb liegt und schläft. Zwei Chis sind auf jeden Fall ein sehr guter Ersatz für TVs.
Bei der Auswahl des zweiten Hundes würde ich den ersten mitentscheiden lassen, damit die "Chemie" stimmt.
EVA:
Genau, Pumi war den anderen bereits durch mehrere Besuche bekannt, beim ersten Kennenlernen von Dana waren sie dabei. Höhere Steuer, Haftpflichtversicherung, Tierarztkosten, Futter, komplette Ausstattung für daheim und unterwegs. Gegessen wir getrennt, jede hat ihren eigenen Platz und Teller.
BETTINA:
Die Erhöhung der Futterkosten dürfte hier noch das geringste Problem sein. Kritisch kann es werden, wenn mehrere Chi erkranken und horrende Tierarztkosten auf einen zukommen. Man muss auf jeden Fall bereit sein, hierfür immer einen gewissen Betrag von vornherein mit einzukalkulieren. Ist man meistens knapp bei Kasse, sollte man von der Haltung mehrerer Hunde wirklich Abstand nehmen, denn wenn hier größere Kosten anstehen, kann man nicht anfangen am Tier zu sparen. Es gibt aber auch Tierärzte und Tierkliniken, die bei größeren Beträgen durchaus mal einer Ratenzahlung zustimmen mögen.
OSKAR:
Ja, die Kosten sollte nicht unterschätzt werden. Ohne Schwarzmalerei betreiben zu wollen, wir hatten in einem einzigen Jahr folgende Erkrankungen
Eine Gebärmutter-Operation: 750,--EURO, schwere Viruserkrankung (Klinikaufenthalt): 1.500,-- EURO, eine schwere Gastritis (auch Klinik): 900,-- EURO. Dazu diverse Medikamente zur Stärkung des Immunsystems bei allen.
Todesfall
EVA u. OSKAR:
Auch wenn es hart klingt und sicher viele dies nicht lesen wollen, irgendwann geht jeder Hund von uns: Für uns Menschen ist es in diesem Fall (so hart es klingt) einfacher, wenn er ein Rudel um sich hat. Die Trauer ist keinesfalls geringer, aber die anderen fordern uns in diesem Fall, sie wollen keinesfalls auf ihren gewohnten Tagesablauf, ihre Spaziergänge, Essen usw. verzichten. Und wir können den verbliebenen, möglicherweise auch trauernden Hund trösten.
BETTINA:
Ich habe einen gekauften Kurzhaarwelpen (Schlumpfi) nach nur einer Woche an Parvovirose (der Kleine hatte einen Impfeinbruch) verloren, meine Tortellini verstarb nach einer OP, bei der sie die Narkose nicht vertrug. Beide Male ging für mich eine Welt unter, ich konnte es nicht glauben. Für mich persönlich war es deshalb so schwer, weil gerade ein Chi seinen Menschen so viel gibt und man mit seinem Weggang so unendlich viel verliert. Auch heute noch kann ich nur mit sehr großer Trauer an beide denken, beide waren etwas ganz Besonderes. Als ich Schlumpfi das erste Mal sah, knurrte er mich frech an und eine halbe Stunde später wich er mir schon nicht mehr von der Seite. Tortellini bekam ich als bereits erwachsenen Hund geschenkt – dieser kleine Hund hat in den zwei Jahren bei mir soviel Herz gezeigt – ich war von ihr einfach überwältigt und sie hat mich ganz offensichtlich ebenfalls sehr geliebt. Tortellini wurde nach der OP sehr krank und nahm mich nicht mehr richtig war. Wenige Minuten bevor sie in meinen Armen starb, wurden ihre Augen auf einmal ganz klar und sie sah mich ganz intensiv an. Heute weiß ich, dass sie sich in diesem Augenblick von mir verabschiedet hat. Erstaunt hat mich, dass die anderen Hunde Tortellini nicht zu vermissen schienen.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch etwas anmerken:
Sollte das Einschläfern des geliebten Tieres nicht mehr vermeidbar sein, dann sollte man schon soviel für sein Tier übrig haben, dass man es in diesem Augenblick nicht einfach dem Tierarzt in die Hand drückt und dann die Praxis verlässt. Wie mag sich ein Tier fühlen, das in fremder, furchteinflößender Umgebung alleingelassen wird?
Ich habe meine an Lungentumor leidende Katze einschläfern lassen müssen. Sie hat genau gewusst, was passieren wird. Sie hat die Spritze in meinen Armen bekommen, ich habe sie gestreichelt und ganz leise mit ihr gesprochen, bis sie schnurrend eingeschlafen ist. Sie ist sehr ruhig und ohne Angst gegangen und erst, nachdem sie ihre Augen geschlossen hatte, habe ich meine Trauer nicht mehr zurückgehalten.
EVA u. OSKAR:
Dem können wir uns nur anschließen. Sowohl Shiwa als auch Akira sind bei uns daheim in unserem Beisein eingeschlafen, beide infolge ihres Herzleidens. Aber wir haben sie bis zur letzten Sekunde gestreichelt. Und sollte der Tag kommen, an dem wir die Entscheidung fällen müssen, sind wir selbstverständlich dabei.
Man ist es seinem Haustier unbedingt schuldig, es auch auf seinem letzten Weg nicht allein zu lassen.